Bereits als Kind war Gabriele von ihrer Familien-Historie begeistert, familiengeschichtliche Ereignisse wurden in Bildern und Filmen festgehalten und so konnte sie auch in die Zeit ihrer Vorfahren visuell zurückreisen. Die Fotografie war somit schon damals für Sie kein neues Thema und auch wegweisend für die heutige Fotografin und Künstlerin Gabriele Viertel.
Elle:
Können Sie sich an Ihr erstes Erlebnis mit der Kamera zurückerinnern?
Gabriele Viertel:
Ja, ich kann mich ganz genau erinnern, als ob es gestern gewesen wäre, das war in unserem Garten, ich war damals ca. 14 und spielte mit den kleinen Töchtern meiner älteren Schwester in einem aufblasbaren Bassin, die zwei waren so süß und zauberhaft, also schnappte ich mir die Kamera meines Vaters und knipste drauflos. Die Fotos habe ich heute noch.
Elle:
Sie sind seit Ihrer Kindheit davon fasziniert, dass Bilder erstaunliche Geschichten erzählen können und lassen sich von alten Filmen und große Fotografen der Zeitgeschichte inspirieren. Welche Fotografen haben Ihre künstlerischen Arbeiten beeinflusst?
Gabriele Viertel:
Es ist die Wandlung und Entwicklung der Fotografie in beinahe 2 Jahrhunderten zur Kunstform und besonders die Meister des letzten Jahrhunderts die mich faszinieren, wie zum Beispiel Nadar als Pionier in der Portraitfotografie, Die Modefotografie von Avedon und seine Portraits, um nur zwei zu nennen.
Die Möglichkeiten und Spontanität, die das ‚Fotomachen‘ mit sich bringen, entsprechen meinem Temperament. Übrigens Filme können für die Fotografie sehr inspirieren sein. Kameraeinstellungen und Blickwinkel, die das Blickfeld des Betrachters herstellen und gleichzeitig begrenzen, Spannung erzeugen und Nähe oder Distanz zum Geschehen bestimmen.
Elle:
In Ihren Werken spielt die Kunst eine begleitende Rolle. Ihre künstlerischen Bilder wirken graziös, anmutig und dezent surrealistisch. Wie definieren Sie Ihren eigenen Stil?
Gabriele Viertel:
Ja, meine Bilder sind meistens surrealistisch. Ich gestalte mit wenig Kulisse und konzentriere mich auf das Subject des Werkes, suche nach Ästhetik in Zusammenhang mit Form und Dynamik, nach Harmonie und Spannung.
Elle:
Das Inszenieren von Szenarien bedarf einem guten Rundumblick. Zum Vergleich mit der Fotografie über Wasser ist die Unterwasserfotografie eine besondere Herausforderung, man benötigt nicht nur ein spezielles Equipment, sondern auch den Blick für den richtigen Moment. Eine weitere Schwierigkeit ist das künstliche Licht. Wie ist bei einem solchen Shooting Ihre Vorgehensweise?
Gabriele Viertel:
Die technische Seite ist Routine, außer man experimentiert mit neuer Lichteinstellung. Das wichtigste bei einem Unterwasser-Shooting ist die Vorbereitung des Models. Eine gute Kommunikation vor dem Eintauchen ist von großer Bedeutung, da wir uns Unterwasser ja nicht austauschen können. Atemtechnik und entspannte Mimik, Kontrolle der Bewegungen sind entscheidende Kriterien. Unterwasser sind beide, das Model und der Fotograf, in einem Schwebezustand, also nicht stabil, anders als an Land. Wir arbeiten meistens in einer Wassertiefe von 2,50 m, um die Gesamtgrösse freistellen zu können. Und nicht zu vergessen, ganz wichtig sind die Helfer außerhalb des Wassers für Assistenz und Sicherheit.
Elle:
Als Fotografin widmen Sie sich vermehrt der Darstellung von Frauen. Sie waren selbst ein gefragtes Model, was muss das weibliche Model für Sie als Voraussetzung mitbringen, um interessant zu sein? Wie hat ein “perfektes“ Model auszusehen? Ist nicht oftmals gerade die unkonventionelle Schönheit ansprechender, die Andersartigkeit, die Frau mit dem gewissen Etwas, der gewissen Exzentrik?
Gabriele Viertel:
Die Frauen mit natürlicher Eleganz sprechen mich am meisten an. Exzentrik im Erscheinungsbild ist da eher störend. Schönheit zeigt sich für mich in Mimik und Gesten, in Selbstverständlichkeit und Charme, wie jemand spricht, wie kultiviert er ist. Und ja, ein Gesicht mit Besonderheiten ist oft reizvoller und eindrucksvoller als das perfekte.
Das perfekt Model ist für mich jemand der zuhören kann, um zu verstehen, welches Bild ich in meinem Kopf habe, wer viel an Ausdruck anbietet, Vertrauen hat und nicht nur ein ‚Beauty-Ergebnis‘ erwachtet.
Elle:
Sie wurden im schönen Rheinland, in der Nähe von Köln geboren. Köln hat auch als Kulturmetropole internationale Bedeutung. Warum war es für Sie keine Option dort oder in einer anderen Stadt Deutschlands Ihrer Passion nachzugehen? Was bewog Sie nach Eindhoven zu ziehen und welche für Sie wichtige Stationen begleiteten Ihren Werdegang bis Sie in die Niederlande kamen?
Gabriele Viertel:
Ich bin aus dem schönsten Grund überhaupt in die Niederlande gezogen: der Liebe wegen :-) Sonst würde ich wohl noch in Deutschland leben und arbeiten. Aber nach mehreren Jahren pendeln war die Entscheidung richtig, denn als Künstlerin bin ich nicht ortsgebunden.
Was meine Entwicklung als Fotografin beeinflusst hat sind die Erfahrungen, die ich als Stationen bezeichnen möchte. Das sind Aufenthalte in Asien und Afrika, wo ich mit Leidenschaft Frauen und Kinder in ihrem oft einfachsten Lebensumfeld fotografiert habe, meine Zeit vor der Kamera und Begegnungen mit Künstlern und Kreativen, die mir das Geheimnis des Ausdrucks näher gebracht haben; das alles hat meinen Blickwinkel erweitert.
Elle:
Was wäre Ihr absolutes Traumprojekt, bei dem Sie die freie Wahl von Location, Requisiten, Team, Model etc. hätten?
Gabriele Viertel:
Ein Projekt mit Tänzern möchte ich gerne in Zukunft machen und mit Wassersportlern, vorzugsweise Schwimmer oder Wasserballettler.
Eine Traum-Location wäre ein Pool, der genau auf meine Bedürfnisse zugeschnitten ist: mit Folie ausgekleidet, mit der Möglichkeit von natürlichem Licht, mit flexiblen, eingebauten Lichtquellen; kurzum: ein Unterwasserstudio.
Auch ein Shooting in natürlichem Gewässer würde eine fantastische vorhandene Requisite liefern.
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